Odoo vs. ERPNext

von Arnulf Koch⠀|⠀
zuletzt aktualisiert am 28.07.2023⠀|⠀veröffentlicht am 14.02.2022

Odoo vs. ERPNext

Inhaltsverzeichnis

1. Warum können wir Odoo fundiert mit ERPNext vergleichen?

1.1. Echte Praxiserfahrung im eigenen Unternehmen: 2,5 Jahren Odoo und 2,5 Jahren ERPNext

2. Praxisbericht verschiedener Rollen zu Odoo und ERPNext

2.1. Strategische Aspekte aus Sicht der Geschäftsführung

2.2. CRM-Funktionen aus Sicht der Vertriebsmitarbeiter

2.3. Implementations-Aspekte aus Sicht von ERP-Consultants

3. Fachlicher Vergleich der Funktionen

3.1. Das Geschäftsmodell

3.2. Die Features – Modulumfang und -qualität

3.3. Die Features – Custom Modules & APIs

3.4. Die User-Experience

4. Fazit

ERPNext vs. Odoo im Überblick

Autorenteam

1. Warum können wir Odoo fundiert mit ERPNext vergleichen?

Unser Unternehmen, die K&K Software AG, entwickelt seit 22 Jahre individuelle Lösungen im Bereich ERP. Wir arbeiten unter anderem mit SAP, Navision (jetzt Microsoft Dynamics 365), Sage, Lexware, und mit komplett individuellen ERP-Systemen.

Wer nur an den Ergebnissen interessiert ist, kann direkt zum Feature-Vergleich, zur zusammenfassenden Tabelle, und unserem Fazit hinsichtlich verschiedener Usergruppen springen.

Wichtig: Es handelt sich bei diesem Text nicht um einen theoretischen Vergleich, oder um die Ergebnisse einer kurzen Evaluierungsphase. Wir hatten rund 2,5 Jahre komplett mit Odoo gearbeitet, ehe wir dann auf ERPNext umgesattelt haben, mit dem wir seit 2,5 Jahren arbeiten.

1.1. Echte Praxiserfahrung im eigenen Unternehmen: 2,5 Jahren Odoo und 2,5 Jahren ERPNext

Wir haben die Odoo Community Edition Ende 2017 bei uns eingeführt, und anschließend immer mehr Geschäftsprozesse auf die Plattform migriert.

Ultimativ mussten wir aber feststellen, dass einige Nachteile den Einsatz der Odoo Community Edition bei uns unmöglich machten, weswegen wir von März 2019 bis August 2019 alternative Systeme evaluiert haben. Zeitgleich hatten wir weiterhin die Odoo Community Edition im Einsatz, und sogar Odoo Enterprise in unserer Evaluation aufgenommen.

Im September 2019 haben wir uns auf ERPNext festgelegt, in das Framework eingearbeitet, und mit der Anpassung an unsere Prozesse begonnen. Ab November 2019 haben wir die in Odoo implementierten Geschäftsprozesse nach und nach zu ERPNext migriert. Wir haben also mehrmonatige Arbeitserfahrung mit beiden Systemen und sogar etwa 6 Monate mit beiden Systemen parallel produktiv gearbeitet.

Seit über 2 jahren arbeiten wir nun ausschließlich mit ERPNext.

Wir haben also Stand Mai 2022 folgende Praxiserfahrung mit den beiden Systemen:
Odoo: rund 2,5 Jahre (Ende 2017 – Ende 1. Quartal 2020)
ERPNext: rund 2,5 Jahre (Ende 2019 – Mai 2022)

Dieser Blogpost ERPNext vs. Odoo basiert auf diesen Praxiserfahrungen.

2. Praxisbericht verschiedener Rollen zu Odoo und ERPNext

In einem Unternehmen hat jede Rolle einen anderen Blickwinkel auf die angewandten Systeme. Deshalb haben wir drei unterschiedliche Personen über ihre Erfahrungen mit Odoo und ERPNext interviewt:

2.1. Strategische Aspekte aus Sicht der Geschäftsführung

Von Arnulf Koch, Gründer und Vorstand der K&K Software Software AG

ERP-Systeme bedeuten maximale Abhängigkeit von einem Produkt – der Lock-In-Effekt ist immens. Es bedeutet zwar viel Arbeit, einen Unternehmensprozess in einem ERP-System zu implementieren, ihn aber in ein anderes System zu überführen, ist noch aufwendiger und kostspieliger. Schlechtere ERP-Systeme werden oft über Jahrzehnte genutzt, da die Kosten und Risiken bei einem Wechsel sehr hoch sind.

Echte Open Source bietet hier viele strategische Vorteile. Ich habe mehr Kontrolle über eine Daten und über meine Prozesse. Und jeder Ansatz, der zu einem Lock-In-Effekt führt, wie beispielsweise proprietäre Software, sollte vermieden werden.

Odoo versteckt seinen Haken sehr geschickt. Die Software bietet in der Community Edition etwa 95% seiner Funktionalität, und es hätte klappen können, damit zu arbeiten. Inzwischen ist aber auch Odoo ein großer Konzern, der auf Gewinnmaximierung bedacht ist, und sich vom Open-Source-Gedanken immer weiter entfernt.

Aus Sicht von Odoo ist dagegen auch nichts einzuwenden, immerhin müssen sie auch Geld verdienen. Zwei Punkte haben mich als Vorstand der K&K Software AG entschließen lassen, Odoo zu verlassen und auf echtes Open Source zu setzen:

Bei neuen Odoo-Versionen sind Funktionen von der Community-Version in die Enterprise-Version gewandert.
Die Updatefähigkeit der Community-Version war faktisch blockiert. Nach Jahren wurden Updateskripte von der OCA (Odoo Community Association) nachgebaut und selten gab es eine 100%ige Update-Abdeckung.

ERPNext hatte von den Alternativen (darunter unter anderem Dolibarr, Axelor) den besten Entwicklungsstand, sah modern aus und hatte eine ordentliche Struktur, bestehend aus der Stiftung “ERPNext Foundation” https://erpnext.org/ und der ERPNext-Muttergesellschaft “Frappe Tech” https://frappe.io/ + https://erpnext.com/ ,sowie dem inspirierenden Gründer Rushabh Mehta, der sich voll dem Open-Source-Gedanken verschrieben hat. Außerdem ist der technische Ansatz von ERPNext überzeugend: Auf dem Open-Source-Framework “Frappe” https://frappeframework.com/ basierend, ist ERPNext als Art Baukastensystem gebaut. Durch den Abstraktionsgrad können eigene Anpassungen updatesicher implementiert werden.

Die Argumente der Updatesicherheit und der Vermeidung von Lock-In-Effekten haben für mich als Vorstand der K&K Software AG den Ausschlag gegeben. Ich kann mich hier insbesondere bezüglich der Updatesicherheit nur zugunsten von ERPNext gegenüber der Odoo Community Edition aussprechen. Gleiches gilt bezüglich Lock-In-Effekten für ERPNext gegenüber der Odoo Enterprise Edition.

2.2. CRM-Funktionen aus Sicht der Vertriebsmitarbeiter

Von Laura Köpl, Leiterin Vertrieb bei K&K Software Software AG

Odoo war in einigen Prozessen und der Oberfläche etwas ausgereifter als ERPNext. Inzwischen wurden im ERPNext-13-Update dann aber unter anderem Funktionen, die Odoo schon früher hatte, nachgerüstet. Außerdem wurde die Benutzeroberfläche völlig überarbeitet. Ihr wurde ein moderneres Aussehen gegeben. Des Weiteren wurde das Gefühl bei der Bedienung verbessert.

Sowohl in Odoo als auch in ERPNext ist der CRM-Workflow auf dem ersten Blick gewöhnungsbedürftig. Die Trennlinien zwischen Lead, Chance, Kunde, und Kontakt sind in beiden Anwendungen anders gezogen. In Odoo wird eher linear über die Statuskategorie gearbeitet, während es in ERPNext verschiedene Entitäten gibt, die miteinander verknüpft sind.

Unterm Strich aber ist jedes System in sich logisch und durchdacht aufgebaut. Wenn man sich auf die Logik des jeweiligen Systems einlässt, merkt man, dass an häufige Stolpersteine bereits gedacht wurde, und diese schon gelöst sind.

Um im Folgenden tiefer in die technischen Details einzusteigen: Im Vergleich zu anderen ERP-Systemen wie Axelor, die starr aufgebaut sind, bieten sowohl Odoo, als auch ERPNext eine hohe Flexibilität im Modulaufbau. In Odoo und ERPNext konnten wir die Vertriebspipline individuell gestalten und unsere eigene Phasen definieren und anlegen:

  1. Kontakt (Erkundung)
  2. Lead (Qualifizierung)
  3. Qualifizierter Lead (Entwicklung)
  4. Interessent (Bedarfsanalyse)
  5. Angebot
  6. Angebotspräsentation
  7. Verhandlung (Überarbeitung)
  8. Erfolgreich (Vertragsabschluss / Kunde / Abschluss)

Die Kanban-Boards waren in Odoo etwas etwas besser gelöst. Sie waren unterm Strich zwar starrer (und konnten nur über die Vertriebspipeline definiert werden), haben dafür aber besser funktioniert. So standen beispielsweise die Auftragssummen und Wahrscheinlichkeiten für eine gesamte Spalte stärker im Fokus.

In ERPNext ist dafür der Nachverfolgungs-Workflow mit Wiedervorlagen und Terminierungen etwas besser gelöst. Auch ToDos kann man hier besser filtern und sich diese auch gegenseitig zuweisen.

Früher waren in Odoo die Kanban-Boards für die visuelle Übersicht der Vertriebschancen – durch die weniger flexible Einrichtbarkeit – besser implementiert. Hier hat ERPNext erst im Jahr 2021 mit Version 13 aufgeholt.

Unterm Strich hat man das Gefühl, dass alle ERP- und CRM-Anbieter ihre Wettbewerber beobachten und bei sich fehlende Funktionalitäten nach und nach nachrüsten.
Wir konnten unseren Vertrieb mit Odoo und ERPNext gut implementieren.

In Sachen CRM-Funktionalität hat meines erachtens ERPNext dennoch die Nase vorne. Die Einrichtung ist flexibler, und insbesondere das Preismodell fairer. Dazu wird weiter unten noch mehr geschrieben. Das heißt nicht, dass Odoo kein gutes System ist – aber gegenseitige Nachrüstung von Features und konstante Entwicklung haben den Abstand erst schrumpfen lassen, ehe ERPNext aufgeholt hat.

2.3. Implementations-Aspekte aus Sicht von ERP-Consultants

Von Meike Nedwidek, ERP-Consultant bei K&K Software Software AG

Die Odoo Enterprise Edition lässt sich über das Enterprise-Modul “Odoo Studio” sehr leicht, einfach und komfortabel anpassen. Diese Änderungen sind auch updatesicher.

Der Odoo Community Edition fehlt diese Funktionalität komplett. Hier muss man in die Programmierung eingreifen und hat – gerade bei komplexeren Änderungen – massive Einschränkungen bei der “Updatesicherheit” (die es ja generell bei der Community-Edition nicht gibt und erst Jahre später durch die OCA nachgerüstet wird). Eigene Änderungen an der Community Edition brechen in der Regel die Update-Möglichkeiten und man bleibt in seiner Version gefangen. Aus IT-Security-Sicht ist das ein No-Go, auch wenn wichtige Sicherheitsupdates für alte Odoo-Versionen nachgerüstet werden.

ERPNext ist deutlich jünger als Odoo. Dadurch ist in ERPNext vieles nicht so gut ausgereift als in Odoo. Odoo hat überall mehrere Jahre Vorsprung. Aber ERPNext konnte aus den konzeptionellen Schwachstellen anderer Systeme, v.a. von Odoo, lernen und man merkt in der Architektur, dass z.B. ERPNext konsequenter auf regelmäßige Updates und gute Wartbarkeit ausgelegt ist (es gibt eher wöchentlich statt monatlich ERPNext-Updates). Ebenso ist der technische API-First- und Metadata-First-Ansatz viel zeitgemäßer. Jede Funktion in ERPNext ist von Anfang an über die API steuerbar und somit kann man ERPNext viel einfacher in bestehende Umgebungen einfügen und mit anderen Umgebungen vernetzen. In Odoo gab es am Anfang keine vollwertigen APIs, die nur über kostenpflichtige Addons von Drittanbietern nachgerüstet wurden. Inzwischen ist das besser in Odoo, aber man spürt, dass Odoo die geschlossene Anwendung war, die über kommerzielle Addons aus dem Odoo-Marktplatz nachgerüstet wurde, während ERPNext von Anfang an einen offenen Ansatz hatte.

Umgedreht hat der sehr offene Ansatz von ERPNext insofern Nachteile, dass alles sehr stark standardisiert ist, alles in das Konzept der API, der autogenerierten Oberfläche, der vorhandenen Formulartypen passen muss. Komplexe Datenbeziehungen sind dann in der Oberfläche manchmal etwas komplexer zu bedienen, während Odoo ab und zu die “Abkürzung” geht und Funktionen außerhalb des Framework-Standards implementiert und so einzelne Aspekte in Odoo benutzerfreundlicher sind als in ERPNext.

Durch die hohe Standardisierung in ERPNext (“Baukastensystem”), kann man aber sehr einfach eigene Funktionalität z.B. außerhalb von ERPNext über die APIs andocken. Hier unterstützen unsere Teams für individuelle Softwareentwicklung, wenn bestimmte individuelle Geschäftsprozesse auch mit sehr individuellen Eingabemasken und individuellen Dashboards mit hohen Ansprüchen an UX (User Experience = Benutzerführung) und UI (User Interface = Gestaltung der Oberfläche) umgesetzt werden sollen.

Wir haben weniger Erfahrung mit Odoo-Implementationsprojekte und deutlich mehr Erfahrung mit ERPNext-Implementationsprojekten, daher ist unsere Bewertung an der Stelle evtl. etwas voreingenommen.

Aber Aufgrund des inneren Aufbaus der jeweiligen Produkte bewerten wir es so, dass Odoo Out-of-the-Box deutlich besser zu nutzen ist (da merkt man die längere Zeit am Markt und die größere Kundenzahl von Odoo) und das ERPNext für Projekte mit Anpassungsbedarf deutlich besser zu nutzen ist (da merkt man die modernere Architektur und dass es von Anfang an auf gute Anpassbarkeit ausgelegt ist).

3. Fachlicher Vergleich der Funktionen

Zwei ähnliche Programme?

Auf den ersten Blick wirken Odoo und ERPNext wie sehr ähnliche Programme. Jeweils ERP-Software, bedienen sie eine vergleichbare Nische für kleine bis mittelgroße Unternehmen, sie behaupten beide, Open-Source zu sein und möchten jeweils eine weithin kompatible, kostengünstige ERP-Lösung bereitstellen. 

Odoo wirkt wie der Platzhirsch unter den beiden ERP-Systemen.

Es gibt aber auch Unterschiede. Odoo wirkt im Vergleich mit ERPNext wie der Platzhirsch in seiner Nische. Odoo hat nicht nur eine größere Kundenbasis, sondern auch ein hochprofessionelles Auftreten. Trotzdem machen beide ähnliche Versprechen. Ein modularer Aufbau soll den Umstieg erleichtern und beide Programe sollen einen Berg spezialisierter Anwendungen ersetzen. Die Versprechen werden aber auf eine drastisch andere Art umgesetzt.

In diesem Artikel möchten wir näher auf Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Frameworks eingehen. Dabei geht es erstmal gar nicht darum, ein ‚besser‘ oder ‚schlechter‘ festzuklopfen; wichtiger ist es, gerade bei so ähnlichen Programmen wie Odoo und ERPNext Orientierung zu geben und einmal festzuklopfen, wo sich die Wege beider Frameworks in unterschiedliche Richtungen gabeln. Basis hierfür ist unsere eigene Erfahrung mit Odoo, die wir in mehrere Jahren gesammt haben.

3.1. Das Geschäftsmodell

ERPNexts und Odoos Geschäftsmodelle gehören zu den wichtigsten Unterschieden zwischen den Frameworks. Von diesem Unterschied leiten sich auch andere Differenzen der Programme ab. Sowohl Odoo als auch ERPNext behaupten nämlich von sich, Open-Source-Software zu sein. Zumindest bei Odoo ist das aber nur die halbe Wahrheit.

Und zwar finanziert sich Odoo durch ein Upgrade-Modell. Zusätzlich zu der unter der GNU Public Licence stehenden „Community Version“ wird eine proprietäre „Enterprise Version“ angeboten. Der Clou: hinter dieser Enterprise-Version sind viele der besten Features von Odoo versteckt. Auch der Export unserer Firmendaten war nur mit der Enterprise-Version möglich. Insofern müsste man drei Programme vergleichen: ERPNext, Odoo Community und Odoo Enterprise.

ERPNext ist als Framework völlig kostenlos, alle Features und unlimitierte Nutzerzahlen eingeschlossen. Gezahlt werden muss allerdings für das Hosting der Dateien. Übernimmt man das Hosting selbst, oder überlässt es einem IT-Partner, kann man sich diese Kosten sparen.

Auch für Herstellersupport muss bei ERPNext gezahlt werden. Grundlage dafür ist auch hier ein Enterprise-Modell. Das wird zwar nicht nach Nutzerzahl teurer, und es sind auch keine Features hinter einer Bezahlschranke versteckt, aber zahlende Kunden können sich auch bei ERPNext über bevorzugte Behandlung freuen.

ERPNext

+ Alle Module sind kostenfrei

+ Reines Open-Source-Modell

– Hosting kostet Geld

– Support nur für Premiumkunden

Odoo

+ Community-Version frei unter GNU

+ Hohes Budget dank Enterprise

– Features waren hinter Bezahlschranken

– App-Store für Extrakäufe

3.2. Die Features – Modulumfang und -qualität

Gehen wir davon aus, dass Sie sich entweder für ERPNext entschieden oder Odoo in der Enterprise-Version erworben haben. Was für Features können Sie jeweils erwarten? Beide Anwendungen sind für den Bedarf einer mittelständischen Firma angepasste Pakete voller einzelner, kleiner Module, die Sie an Ihren Unternehmensalltag anpassen können.

Ihre Buchhaltung benötigt eine Hilfe zum automatischen Erstellen von Rechnungen und der Visualisierung von Rechnungsdaten? Sowohl ERPNext als auch Odoo haben passende Module. Ihre Produktion möchte die Zuliefererkette vom Transport bis hin zur Unternehmenslogistik managen? Es gibt auch dazu Module.

Skalierung ist bei ERPNext wegen freier Lizenzen sehr einfach.

Bei der reinen Qualität hat Odoo die Nase leicht vorne – zumindest bei einigen Modulen. Das liegt daran, dass Odoo im Gegensatz zu ERPNext auch viel größere Geld- und Entwicklungsreserven zurückgreifen kann. Insbesondere Buchhaltungsmodule gestalten sich im deutschen Raum als komplex; zu schwierig ist hier die Gesetzeslage. Hier hat ERPNext seine auffälligsten Schwachstellen.

 Die beiden Frameworks unterscheiden sich auch im Lieferumfang: während man bei Odoo in einem Appstore Module dazukaufen kann, kommen bei ERPNext alle Module in der kostenlosen Version mit. Das sind zwar weniger, aber dafür wussten wir genau, was wir erhalten.

ERPNext

+ Gute Auswahl für KMUs

+ Neue Module problemlos hinzufügbar

– Langsam bei Bugfixes

– Nicht an Deutschland angepasst

Odoo

+ Gute Auswahl für KMUs

+ Qualitativ leicht besser

– Teurer als ERPNext

– Schwerer zu erweitern

3.3. Die Features – Custom Modules & APIs

Aber was ist, wenn es kein passendes Modul zu einer Aufgabe gibt? Dann bieten sowohl Odoo als auch ERPNext Möglichkeiten, sich eigene Module zusammenzuklicken, die den individuellen Unternehmensrealitäten so genau wie möglich entsprechen.

Odoo bietet hier eine Art Baukastenmodell an. Mit dem „Odoo Studio“ kann man sich aus einzelnen Skriptbausteinen eigene Module zusammenbasteln. Das Studio funktioniert gut und schafft es, auch komplexere Arbeitsmodelle zu konstruieren. Der Haken: Auch „Odoo Studio“ ist in der Enterprise-Version des Programms versteckt. Zusätzlich bietet Odoo auch einen programmeigenen App-Store, in denen User selbst erstellte Module zum Verkauf anbieten.

Ein Äquivalent kann ERPNext nicht aufweisen. Wer eigene Module haben möchte, muss entweder bestehende Module in Kleinarbeit umbauen, oder aber grundlegendes Wissen in Programmiersprachen wie HTML oder Python mitbringen.  Mit etwas Einarbeitung kann sich aber auch ein Nicht-Programmierer provisorische Module zusammenhämmern..

Wer ERPNext anpassen will, benötigt  Kenntnisse in CSS.

ERPNext hat eine eigene API, die mit vielen externen Programmen kompatibel ist – seien es Office-Anwendungen, automatische Userverwaltung oder digitale Maschinensteuerung. Auch externe Datenpools wie Bankkonten lassen sich sicher und einfach an ERPNext anhängen, um die Managementmodule mit den aktuellen Daten zu füttern.

Odoo unterstüzt auch die meisten relevanten Schnittstellen, bindet die Daten dann aber in ein geschlossenes System ein. Das heißt, die Daten in das ERP-Framework zu bekommen ist einfach, sie wegen des Umzugs zu ERPNext wieder herauszubekommen war uns nur mit der Enterprise-Version möglich.

ERPNext

+ Eigene API für externe Anwendungen

+ Individualisierbar

– Kein einfacher Bastelbaukasten

– Keine Plattform für Usercontent

Odoo

+ Odoo Studio für eigene Anwendungen

+ Usercontent via Appstore

– Geschlossenes Ökosystem

– Userinhalte oft teuer

3.4. Die User-Experience

Vergleicht man Odoo mit ERPNext, sieht man schnell, welches Programm mit mehr Budget weiterentwickelt wird. Obwohl sich ERPNext in den vergangenen Jahren in den Sektoren UI und User Experience ordentlich gemausert hat, wirkt Odoo auf den ersten Blick hübscher und runder – zumindest, wenn man mit dem typischen Violett des Programms etwas anfangen kann.

Möchte man das Aussehen dann jedoch individualisieren, treten schnell die typischen Eigenheiten von Odoo und ERPNext zutage. Erstere Optik kann durch den firmeneigenen App-Store individualisiert werden. Viele Skins sind kostenlos. Allerdings kann man auch Darkmodes finden, die mit über 30 Euro ordentlich ins Geld gehen.

Tatsächlich sind derartige Features bei ERPNext auch kostenfrei. Das geht aber auf Kosten der Auswahl. Wie schon bei den Modulen muss man auch bei der Optik von ERPNext im Idealfall grundlegendes Computer- und Codewissen mitbringen, um das Programm nach dem eigenen Geschmack anpassen zu können. Dafür kann man sich dann ungewöhnlich tief in den Code eingraben, um teils auch drastischere Änderungen durchführen zu können, als es mit Odoo möglich gewesen wäre.

Abgesehen davon ist die User Experience beider Programme sehr stark von den verwendeten Modulen und ihrer Verknüpfung abhängig. Für und Wider von Odoo und ERPNext haben wir in diesem Kontext schon im vorigen Abschnitt besprochen; auch hier gilt: Odoo ist an sich einfacher einzurichten, versteckt dafür aber auch Features hinter Bezahlschranken.

ERPNext

+ Aktive UI-Entwicklung

+ Grundfeatures vorhanden

+ Tiefes Eingreifen in die UI möglich

– … sofern man die Kenntnisse dafür hat

Odoo

+ Hochprofessionelles Aussehen

/ … wenn man Violett mag

+ Per Appstore anpassbar

– Grundfeatures teils nur für Geld

4. Fazit

ERPNext und Odoo versuchen ähnliche Dinge mit unterschiedlichen Philosophien. Beide bieten ein leistungsstarkes ERP-Programm für kleine bis mittelständische Unternehmen mitsamt einem modularen Aufbau an, und beiden gelingt der Spagat zwischen Modularität und Nützlichkeit.

Die meisten Unterschiede lassen sich auf die unterschiedlichen Geschäftsmodelle und die daraus resultierenden unterschiedlichen Budgets zurückführen. Während ERPNext alle Module und Features direkt aus der Box anbietet, muss man bei Odoo für die Enterprise-Version zahlen, um Zugang zu vielen wichtigen und nützlichen Features zu bekommen.

Odoo und ERPNext sind zwei gute Programme mit kleinen Differenzen.

Das bedeutet aber auch, dass sich Odoo eine größere Benutzerfreundlichkeit leisten kann und muss. „Odoo Studio“ ist beispielsweise eine sehr schöne Anwendung, mit der ERPNext nicht aufwarten kann. Viele der im App-Store angebotenen Module sind außerdem hochwertig, wenn auch manchmal teuer, während man bei ERPNext im Idealfall selbst Computerkenntnisse mitbringen sollte, um das Programm auf eine ähnliche Art individualisieren zu können.

Nutzer von ERPNext können sich dafür über eine leichte Skalierbarkeit und eine stressfreie Erweiterung der firmeneigenen ERP-Software freuen. So kann man beispielsweise problemlos eine neue Produktionslinie an das ERP-Netz anschließen, ohne Sorgen haben zu müssen, dass man dafür tiefer in die Tasche greifen muss – beispielsweise für zusätzliche Enterprise-Lizenzen.

Außerdem hat man bei ERPNext einen leichten Zugriff und Kontrolle auf die eigenen Daten. So kann man seine Firmendaten ohne Probleme in viele gängigen Formate exportieren, abspeichern und sogar in andere Programme einspeisen. Ähnlich einfach ist es, Drittprogramme an ERPNext anzuschließen.

Unterm Strich ist Odoo hübscher, etwas leistungsfähiger im Kontext deutscher Rechtsysteme, sowie ohne Computerkenntnisse anpassbar. ERPNext hat dafür keine nennenswerten Extrakosten, ist flexibler in seiner Anwendung und kann einfach skaliert werden.

ERPNext vs. Odoo im Überblick

ERPNext

Odoo

Vorteile

Vorteile

  • Echtes Open-Source ohne versteckte Bezahlversionen
  • Kein Lock-In-Effekt durch mangelnde Datenkontrolle
  • Vollständiger öffentlicher Update-Support
  • Logisches und durchdachtes Modulsystem
  • Einfache Skalierbarkeit durch kostenlose Lizenzen
  • Hohe Standardisierung und einfaches Andocken von APIs
  • Tiefer Eingriff in den Unterbau für erfahrene Nutzer möglich
  • Inoffizieller Support durch die Community gewährleistet
  • Umfassende Modulauswahl für zahlende Kunden
  • Längere Entwicklungszeit sorgen für ausgereiftere Features
  • Umfangreicher App-Store für das Nachrüsten von Modulen
  • Großes Entwicklungsbudget
  • Odoo-Studio erlaubt das „Zusammenklicken“ eigener Module
  • Professionelle Optik
  • Leichtere Nutzung „out of the box“

Nachteile

Nachteile

  • Offizieller Support nur für Premiumkunden
  • Das Hosting des Systems ist kostenpflichtig
  • Ein junges System – einige Features müssen noch nachgerüstet werden
  • Eher schlecht an den deutschen Markt angepasst
  • UI ist Geschmackssache
  • Viele integrale Features hinter einer Bezahlschranke versteckt
  • Darunter auch die Kontrolle über die eigenen Daten – Umzug teuer & schwer!
  • Schwer skalierbar
  • Kein echtes Open-Source, sondern ein Marketingtrick
  • Geschlossenes Ökosystem
  • Keine Updates ohne Bezahlung – hier kann die Community nur teils aushelfen

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Autorenteam

Vorstand Arnulf Koch

Über den Autor

Arnulf Koch ist Gründer und Vorstand der K&K Software AG. Seit 20 Jahren kümmert sich er sich um Digitalisierung von Unternehmensprozessen und veröffentlicht dazu Beiträge und Videos unter: https://www.linkedin.com/in/arnulfkoch/recent-activity/shares/
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zuletzt aktualisiert am 28.07.2023⠀|⠀veröffentlicht am 14.02.2022
Autor Laura Köpl

Über den Autor

Laura Köpl ist unsere Projektleiterin ERPNext und unterstützt in Kundenprojekten als ERP-Prozess-Consultant. Außerdem verantwortet Sie den Vertrieb der K&K Software AG.
Privat hat sie - wenn sie nicht gerade auf dem Motorrad sitzt - als Vorsitzende des Hackerspace GEOLab e.V. eine Begeisterung für den kreativen Umgang mit Technik und freut sich auf den nächsten Chaos Communication Congress.

Laura Köpl ist Ihre Ansprechpartnerin für ERPNext-Projekte und Sie erreichen Sie unter 09382-3102-241 oder koepl@kk-software.de um die Details Ihres ERPNext-Projektes zu besprechen.

zuletzt aktualisiert am 28.07.2023⠀|⠀veröffentlicht am 14.02.2022
Meike Nedwidek

Über den Autor

Meike Nedwidek (B.Sc. Informatik) ist die technische Leiterin unseres ERPNext-Teams und verantwortet die ERPNext-Einführungsprojekte bei unseren Kunden.
Privat ist sie schon seit Kindheit an von Computern begeistert, zockt gerne, liest viel und backt zu unserer großen Freude gerne leckere Torten.

zuletzt aktualisiert am 28.07.2023⠀|⠀veröffentlicht am 14.02.2022

Ein Beitrag von: Arnulf Koch

Arnulf Koch ist Gründer und Vorstand der K&K Software AG. Seit 20 Jahren kümmert sich Arnulf Koch um Digitalisierung von Unternehmensprozessen. Privat bloggt er unter https://blog.arnulf-koch.de.

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