Ende vergangenen Jahres hat Frappe die Version 15 ihres Open Source ERP-Systems ERPNext veröffentlicht. Im Gegensatz zu kleineren Patches sind nummerierte Versionsänderungen mit größeren Änderungen verbunden. Lesen Sie hier, was sich bei ERPNext getan hat und wie wir bei der K&K Software AG mit neuen Versionen umgehen.
Die neue Oberfläche, genannt “Espresso”, in der Praxis.
Ende vergangenen Jahres veröffentlichte das Softwareunternehmen Frappe die inzwischen fünfzehnte Version von ERPNext. Mit an Board sind neue Builder-Tools, die das einfache Erstellen von Formen, Workflows und persönlicher Pages ermöglichen, viele kleine Quality of Life-Veränderungen und ein neues monochrom schwarz-weißes Design, das von Frappe auf den Namen „Espresso“ getauft wurde.
Natürlich ist das nicht unsere erste Umstellung. Als wir ERPNext bei K&K Software eingeführt haben, haben wir noch Version 12 installiert. Mit dieser Version haben wir auch unsere ersten Kundesysteme aufgesetzt. Inzwischen haben wir etwa 75% unserer Systeme auf die ERPNext v15 umgestellt. Welche Erfahrungen wir dabei gemacht haben, welche wichtigen Änderungen es im Detail gab, und was wir uns in Zukunft wünschen würden, lesen Sie in diesem Blogpost.
Mehr Benutzerfreundlichkeit mit den neuen Buildern
Im Kern jeder neuen Versions-
nummer steht ein Hauptfeature.
Dieses Mal sind es die Builder.
Bei ERPNext ist vieles abstrakt. Wie jedes ERP-System ist es voller Variablen und Logiken, die erst einmal veranschaulicht werden müssen. ERPNext v15 macht in Sachen Anschaulichkeit und Benutzerfreundlichkeit große Schritte. Das liegt nicht zuletzt an neuen Building-Tools, die das Erstellen von Formularen, Workflows und eigenen Seiten einfacher als zuvor machen. Die drei Features im Detail:
Form-Builder: Der neue Form-Builder ist ein einfaches Tool zur Erstellung von Doctypes. In bisherigen ERPNext-Versionen mussten Entwickler die verschiedenen Felder eines Doctypes über ein tabellarisches Interface zusammenklicken. Das hatte mehrere Nachteile: Da sich eine Tabelle stark vom fertigen ‘Produkt’ unterscheidet, gab es immer eine Kluft zwischen der Arbeitsoberfläche und dem fertigen Doctype. Außerdem konnten wir einzelne Felder nicht einfach neu anordnen, sondern mussten auf Workarounds zurückgreifen, wenn Kunden beispielsweise ein Namensfeld ganz am Anfang des Formulars haben wollten.
Der neue Builder funktioniert mit einfachem Drag and Drop. Ein User hat das Formular, so wie es am Ende auch ERPNext aussehen wird, direkt vor sich und kann per Mausklick neue Felder erstellen und mit Doctypes verknüpfen. Ist man mit dem Layout nicht zufrieden, kann man die Felder einfach per Maus an eine andere Stelle ziehen. Damit macht Frappe nicht nur die Erstellung, sondern vor allem das Editing von Formularen sehr viel einfacher und vor allem intuitiver.
Workflow-Builder: Mit dem Workflow-Builder versucht Frappe, die verzahnten Prozesse von ERPNext zu veranschaulichen und Doctypes einfacher planbar zu machen. Im Grunde ist der Workflow-Builder eine weiße Leinwand, auf der man eine animierte Flowchart abbilden kann. Dieser Flowchart stellt einen Prozess dar.
Als Ankerpunkte fungieren dabei direkt im System verlinkte Doctypes. Auf den Verbindungen kann der Ersteller Personal, Artikel und andere Objekte zwischenschalten. Bei der Erstellung ist man weitgehend frei – schließlich sollen Unternehmensprozesse in ihrer Individualität abgebildet werden können. Mit dem Workflow-Builder macht ERPNext den Schritt zum Planungsprogramm und hat dabei, da der Builder direkt in der Software integriert ist, entscheidende Vorteile. So können Elemente direkt im System verlinkt werden.
Codeintegration: Nutzer können ihre Workspaces mit selbst erstellten Widgets, also kleinen in ERPNext integrierten Programmen, befüllen. Diese Blocks kann man mit HTML-, CSS- oder Javascript-Code erstellen.
Auf diese Art lassen sich beispielsweise Uhren einblenden, Feeds einbinden oder visuelle Effekte erzeugen. Stellen Sie es sich ein bisschen vor wie eine Smartphone-Oberfläche. Was Sie damit machen, bleibt ultimativ den Entwicklern überlassen. Coden muss man für den Einsatz dieses Features allerdings ein bisschen können. Aber insbesondere für Entwickler sind die Code-Blöcke ein schönes Feld, um sich auszuprobieren und auszudrücken.
Sie sehen also: Mit Version 15 bewegt sich ERPNext weg von dem vormals sehr starren Editing und hin zu intuitiven und leicht individualisierbaren Lösungen. Wir begrüßen diese Schritte sehr, da sie das System in seiner Ganzheit performativer, zugänglicher und vor allem moderner machen und freuen uns auf weitere Building-Tools in zukünftigen Versionen.
Kleinere Änderungen in ERPNext v15
Neben den Buildern hat ERPNext noch zahlreiche weitere kleinere Änderungen in Version 15 hinzugefügt. Die meisten betreffen auch hier den Bereich des ‚Quality of Life‘ – also die Zugänglichkeit und Benutzerfreundlichkeit des Systems. Wir haben die unseres Erachtens wichtigsten Änderungen kurz zusammengefasst:
User können verschiedene Artikel als Alternativen kennzeichnen; dabei handelt es sich um unterschiedliche Artikel, die in einigen Doctypes nebeneinander auftauchen. Wenn jetzt zum Beispiel ein Nutzer ein Angebot zusammenstellt, kann er einfach die entsprechende Alternative ankreuzen und erhält die richtigen Preise.
ERPNext bietet jetzt die Möglichkeit, beim Buchen von Aufträgen Artikel reservieren zu lassen. Mit dieser Funktion können Sie sicherstellen, dass Artikel, die Sie später für die Produktion oder Verkauf brauchen, in Ihren Lagern verbleiben und nicht an anderer Stelle verwendet werden.
Beim Erstellen von Rechnungen gibt es jetzt einen zusätzlichen Button, der nochmal alle Posten übersichtlich zusammenfasst. Außerdem können User die verknüpften Konten gebuchter Rechnungen jetzt rückwirkend verändern. So müssen Sie bei einem falschen Klick nicht mehr die ganze Rechnung stornieren und neu aufsetzen.
Auch beim Erstellen von Mahnungen bietet ERPNext v15 eine kleine Komfortverbesserung. Ein Nutzer kann sich jetzt alle überfälligen Rechnungen eines bestimmten Kunden mit nur wenigen Klicks übersichtlich einholen.
Neben diesen Quality of Life-Verbesserungen bietet ERPNext v15 noch weitere Anpassungen bei der Verwaltung von Seriennummern, der Performanz und beim Verwalten unterschiedlicher Währungen, die wir noch nicht alle in der Praxis genutzt haben. Getan hat sich auf jeden Fall einiges; ERPNext v15 ist also deutlich mehr als nur ein neuer Anstrich auf einem alten System.
Umziehen leicht gemacht?
Wir haben schon Erfahrung
im Umstellen von ERPNext-
Systemen.
Wie eingangs erwähnt, haben wir inzwischen den Großteil unserer Kundensysteme auf Version 15 umgestellt. Natürlich ist ein Umzug auf so ein ein neues System nicht ganz trivial. Da wir aber schon mehrfach unsere Kundensysteme auf eine neue Version gebracht haben, hat sich inzwischen eine produktive und effiziente Routine entwickelt.
Im Grunde setzen wir ein komplett neues ERPNext-System auf der neuen Version auf, in das wir die Daten unserer Kunden einspielen. Das System kommt nicht mit dem Produktivsystem unseres Kunden in Berührung. Tauchen also Bugs auf, können sie keinen Schaden anrichten. Anschließend arbeiten wir die Prozesse unserer Kunden Stück für Stück im neuen System durch. Auf diese Art können wir schauen, ob alle Prozesse noch funktionieren, oder ob und wo Anpassungen nötig werden.
Der Aufwand dieses Prozesses hängt von der Komplexität des Systems ab. Blieb ein System weitgehend unverändert, kommen wir mit wenigen Teststunden aus. Haben wir viel individualisiert, Doctypes bearbeitet, und neue Verknüpfungen erstellt, erhöht sich der Testaufwand entsprechend erheblich; immerhin müssen wir jedes einzelne neue Skript testen. Ist das geschehen, spielen wir das angepasste System zunächst in das Dev-, dann in das Staging- und im letzten Schritt dann in das Produktivsystem des Kunden ein und der Umzug ist erledigt.
Viele Verbesserungen, wenige Baustellen
Generell bewegt sich ERPNext mit Version 15 einen weiteren Schritt in eine gute Richtung. Im Vergleich zu früher wird das System performanter, zugänglicher und schlanker. Sowohl die neuen Builder, als auch das Espresso-Design überzeugen. Große Revolutionen bleiben zwar aus – allerdings gehört das System unabhängig davon zu den stärksten Open-Source-Lösungen am Markt.
Nur unter der Oberfläche hakt es noch an einigen Stellen. So sind wir immer noch nicht ganz glücklich damit, wie Druckformate funktionieren – daran konnte bei ERPNext v14 ein neuer Builder, der auch nur leidlich funktioniert, auch nichts ändern. Außerdem werden an verschiedenen Stellen noch Libraries verwendet, für die es modernere Alternativen gäbe.
Das ändert aber nichts daran, dass sowohl Version 15, als auch der Umstellungsprozess eine Erfolgsgeschichte für Frappe und K&K Software waren. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass sich ERPNext auch nach Jahren der Entwicklung nicht im Stillstand befindet. Wenn Sie weitere Fragen zum Update haben, oder an Open-Source ERP interessiert sind, dann zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir beantworten gerne all Ihre Fragen rund um ERP, ERPNext und Open-Source.