Wer zahlt für Open Source?

von Adrian Döring⠀|⠀
zuletzt aktualisiert am 25.06.2024⠀|⠀veröffentlicht am 10.05.2024

In vergangenen Artikeln haben wir immer wieder darauf hingewiesen, dass die Lizenzkostenfreiheit von Open-Source-Programmen wie ERPNext zu den größten Stärken des FOSS-Modells zählt. Aber wenn Sie nichts für die Software ausgeben müssen, wer zahlt dann eigentlich für die Entwicklung von Open-Source-Software? Oder soll man tatsächlich glauben, dass ein Qualitätsprodukt ganz ohne Budget realisiert wird?

Screenshot der Startseite von ERPNext.
Die größten Geldgeber der Linux Foundation. (Screenshot aus linuxfoundation.org)

Eigentlich ist Open-Source-Software ein etwas irreführender Name. Viele Menschen verbinden mit dem Begriff ‚offen‘ in diesem Kontext ‚offen einsehbar‘. Nach dieser Lesart genügt es, wenn der Quellcode (also quasi der Bauplan) eines Programms irgendwo öffentlich lesbar ist, damit ein Programm als Open Source bezeichnet werden kann. Damit ist der Komplexität aber nicht genüge getan.

Open-Source ist nicht nur die Zustandsbeschreibung eines Quellcodes, sondern von allem eine Form der Lizenzierung. Open-Source-Programme (kurz FOSS für Free and Open-Source-Software) werden unter Lizenzen veröffentlicht, die Dritten mit unterschiedlicher Ausprägung die Nutzung, den Vertrieb und die Bearbeitung eines Programms erlauben. Die häufigste Open-Source-Lizenz ist die GNU Public License oder kurz GPL.

Natürlich kann nicht jeder Code bei einem Open-Source-Projekt beitragen. Das wäre ein Desaster für die Sicherheit. Stattdessen checkt eine Community aus Freiwilligen jeden Beitrag auf Sinn und Sicherheit, ehe die Veränderung in das öffentliche Release eingebunden und in einem Patch aufgespielt wird. Dieser Communityspirit ist exemplarisch für Open Source. FOSS-Programme werden meistens von Freiwilligen entwickelt, gewartet und erweitert.

Kann man ohne Geld überhaupt Qualität entwickeln?

Es ist kein Geheimnis, dass die Entwicklung von Software viel Zeit und viel Mühe kostet. Natürlich kann man billig und schnell Software entwickeln. Das Ergebnis ist dann aber oft fehlerhaft oder schlicht schlecht. Wie soll dieses Kunststück also kostenlos funktionieren? Darauf gibt es im Grunde zwei Antworten: Zum einen mit dem aktiven Idealismus zahlreicher Freiwilliger. Zum anderen: Gar nicht. Denn irgendwo ist am Ende trotzdem Geld im Spiel.

In diesem Blogpost möchten allerdings nicht allzu sehr auf die (auch) politische Unterscheidung zwischen Free Software und Open Source eingehen, die beide im Begriff FOSS stecken. Stattdessen wollen wir anhand einiger Beispiele aufzeigen, wie sich die Entwicklung von Open-Source-Software auch ohne Lizenzkosten am Leben hält.

Dabei erhebt der Text keine Ansprüche auf Vollständigkeit. Die Open-Source-Szene ist extrem vielfältig und verschiedene Projekte nutzen jeweils andere Herangehensweisen an ihre Finanzierung. Die sind abhängig von der Art, der Funktion oder den Werten des Projekts. Er soll aber die große Vielfalt an Finanzierungsstrategien in FOSS-Bereich aufzeigen und demonstrieren, dass Qualitätssoftware auch offen entwickelt werden kann.

Wie macht es eigentlich Linux?

Linux finanziert sich unter

anderem aus Spenden an

die Linux Foundation.

Zunächst ist es wichtig zu verstehen, dass Software nicht am Stück entwickelt wird, sondern jedes Projekt zum einen aus einzelnen Bausteinen besteht, und sich zum anderen – gerade im FOSS-Bereich – auch immer wieder aufspalten kann. Kein Stück Software demonstriert beide Prinzipien so gut wie Linux. Zum einen ist das Betriebssystems im Grunde nur ein ‚harter Kern‘, der von vielen (auch kommerziellen) Anbietern gewartet wird, zum anderen bauen viele verschiedene Projekte und Unternehmen auf diesem Kern ihre eigenen Systeme, die oft wiederum ihre eigenen Finanzierungspipelines haben.

Der Kern von Linux ist der sogenannte Linux-Kernel. Der Kernel wird öffentlich gehostet und entwickelt. Dieser Prozess wird aber durch die 2007 gegründete Linux Foundation maßgeblich finanziell und organisatorisch unterstützt. Die Foundation finanziert sich aus Großspenden und Partnerschaften mit zahlreichen Unternehmen, beispielsweise aus der Software-, Automobil oder Hardwarebranche. Dieser Spendentopf ist viele Milliarden Dollar groß und kann als zentrale Finanzierung des Linuxprojekts gesehen werden.

Die auf dem Kernel aufbauenden Systeme haben wiederum ihre eigenen Strategien zur Finanzierung. Das Unternehmen Red Hat verkauft beispielsweise auf Linux aufgebaute Serversysteme namens RHEL („Red Hat Enterprise Linux“). Ubuntu wurde zunächst von dem Mäzen Mark Shuttleworth finanziert, setzt seine Plattform über Stores und mit kostenpflichtigem Support inzwischen aber auch in Geld um. Debian wiederum setzt voll auf Spenden.

Open-Source von Unternehmen: Der Fall Chromium

Das Logo des Chromium-Projekts von Google.
Bild: The Chromium Projects / CC BY 2.5 Deed

Einige Open-Source-Lösungen werden auch von etablierten Unternehmen entwickelt, und dann entweder direkt open-source angeboten, oder später unter eine entsprechende Lizenz gestellt. Das Containerprogramm Kubernetes fällt in diese Kategorie. Ein weiteres gutes Beispiel ist das Browserframework Chromium, auf das wahrscheinlich auch Ihr Internetbrowser aufbaut, sofern Sie nicht Firefox benutzen.

Google hat den Quellcode von Chromium im Jahr 2008 zusammen mit dem Browser Google Chrome veröffentlicht und verdient daran eigentlich keine nennenswerten Mengen an Geld. Darüber, welche Gründe genau maßgeblich für Googles Projekt gewesen sind, lässt sich trefflich spekulieren. Klar ist, was Google durch Open-Source gewonnen hat. Marktanteile, beinahe ein Monopol auf Browserarchitektur und dadurch jede Menge soften Einfluss.

Solche Projekte finanzieren sich in der Regel aus den Unternehmenskassen. In einigen Fällen werden kommerzielle und ‚offizielle‘ Versionen von den Herstellern vertrieben, deren Reichweite (und RoI) sich durch die offene Codebasis erhöht. Dass es sich für Unternehmen lohnt, ihre Software open-source zu vertreiben, zeigen die wachsenden Zahlen solcher Projekte von namhaften und profitablen Unternehmen wie Microsoft oder Google.

Frappe und ERPNext

ERPNext ist Teil der Produktpalette des indischen IT-Herstellers Frappe. Frappe hat sich auf den Vertrieb von offener Software spezialisiert und pflegt ERPNext und Frappe Framework seit 2008. 2020 kamen weitere IT-Lösungen dazu. Inzwischen haben wir gelernt, dass sich Open-Source auf viele verschiedene Arten rechnen kann. Wie macht es also Frappe? Auf die Frage, wie sich das Unternehmen finanziert, schreiben diese auf ihrer Website:

The simple and honest answer is, you just can’t make money on the open-source product itself. But you can offer a service around the product, and charge for the same. Frappe has two primary offerings which help us keep the show running, for the overall community.

– Hosting of Frappe apps

– Support / Product Warranty on the products developed and maintained by us

https://frappe.io/partner/frappe-ecosystem

Im Fall von ERPNext bedeutet dass, das das Produkt an sich kostenlos ist, dass man aber besondere Supportpakete oder Hosting direkt bei Frappe dazubuchen kann. Nur, wenn man ERPNext selbst oder bei einem IT-Partner hostet und pflegt, kommt man wirklich ohne Kostenabführung an Frappe aus. Frappe wiederum profitiert aber auch von seinen professionellen Partnern, auch ohne dass diese notwendigerweise Geld abführen. Open-Source bedeutet, wie an andere Stelle geschrieben, auch, dass viele Augen auf den Code schauen, ihn pflegen und frühzeitig mögliche Sicherheitslücken erkennen und ausbessern.

Professionelle Software

Wahrscheinlich nutzen

Sie schon jeden Tag

Open Source-Software.

Sie sehen also: Open Source ist mitnichten eine Spielplatz für mehr oder minder begabte Hobbyentwickler, sondern ein Stützpfeiler moderner IT. Weitere Förderungen, beispielsweise von staatlicher Seite , wurden in diesem Post noch gar nicht angeschnitten.

Wenn Sie also Open-Source-Software nutzen, und wahrscheinlich tun Sie das bereits jeden Tag, brauchen Sie keinen Schlaf wegen vermeintlich unterentwickelter und unterfinanzierter Software zu verlieren. Es gibt einen Grund, warum der größte Teil aller empfindlicher IT auf Open-Source-Systemen wie Linux läuft. Transparenz, Effizienz und eben auch eine gute Finanzierungsstruktur garantieren deren Sicherheit, Stabilität und Nachhaltigkeit.

Und genau deswegen sind wir bei der K&K Software AG auch weiterhin von Open Source begeistert. Wenn Sie weitere Fragen zu unserer Softwareentwicklung, zu ERPNext oder zu unserem Systemhaus haben, dann zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren.

Ein Beitrag von: Adrian Döring

Adrian Döring ist bei K&K Software für die Pflege der Blogs und für besondere Text- und Medienaufgaben zuständig. Er hat Germanistik und Anglistik studiert, einen Master in Literatur und Medien gemacht und lehrt und promoviert aktuell an der Universtät Würzburg zu Subkulturen und neuen Medien. Mit K&K verbindet ihne eine Leidenschaft für IT, Open Source und kreative Aufgaben.

Mehr zum Thema...

Beitrag teilen

Fragen? Nehmen Sie jetzt Kontakt mit uns auf!