Umsatzsteuern sind ein ganz schön kompliziertes Thema, das hohe Anforderungen an Programme und User stellt. Wie ERPNext mit dem hiesigen Steuersystem umgeht, welche Tipps wir haben, und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt, erfahren Sie in diesem Blogpost.
Umsatzsteuern in ERPNext
Achtung: Diese Anleitung ist nur auf ERPNext v14 anwendbar.
Die korrekte automatische Abbildung von Steuern in ERPNext ist natürlich für fast jeden unserer Kunden ein wichtiges Thema. Allein bei der Umsatzsteuerberechnung kennt Deutschland viele verschiedene Fälle und Dimensionen. Dabei ist ERPNext als internationales System nicht auf das deutsche oder europäische Umsatzsteuersystem spezialisiert.
Dank der umfangreichen Konfigurationsmöglichkeiten von ERPNext ist es aber möglich, mit einigen Stellschrauben Umsatzsteuern im deutschsprachigen Raum darzustellen. In diesem Blogpost wollen wir den folgenden drei Fragen nachgehen:
Welche Variablen sind bei der Berechnung der Umsatzsteuer in Deutschland zu beachten?
Was für Stellschrauben sehen wir bei K&K, um Umsatzsteuern in ERPNext v14 abzubilden?
Welche offenen Probleme gibt es zurzeit noch bei der Umsatzsteuerberechnung von ERPNext?
Warum das Thema Steuer so komplex ist
Obwohl das deutsche Steuerrecht viele Einzel- und Ausnahmefälle kennt – zum Beispiel entfällt aktuell die Umsatzsteuer auf Photovoltaikanlagen und einige andere in diesem Zusammenhang verwendete Produkte – lässt sich der Steuersatz der meisten Transaktionen durch die Bestimmung einiger Variablen ermitteln:
Handelt es sich um eine Lieferung oder eine sonstige (Dienst-)leistung?
Wird der Artikel mit vollem oder ermäßigten Steuersatz abgerechnet?
In welchem Land (Inland/EU-Ausland/Drittland) befinden sich die Geschäftspartner?
Wird eingekauft oder verkauft?
Handelt es sich um ein B2B- oder um ein B2C-Geschäft?
Deutschland | Österreich | Schweiz | |
Regelsatz | 19% | 20% | (noch) 7,7% |
ermäßigt | 7% | 10% | 2,5% |
Beherbergung | 3,7% | ||
z.B. Solar in DE | 0% | ||
… | … | … |
Zunächst einmal gilt es zu verstehen, wer die Steuer überhaupt entrichtet und nach welchem Steuersatz das Geschäft abgewickelt werden muss. Bei dieser Frage ist es entscheidend, in welchem Land der Lieferant und der Kunde sitzen, bzw. an welchem Geschäftsort die Dienstleistung stattgefunden hat, und ob es sich um ein B2B oder ein B2C-Geschäft handelt.
Inland | EU-Ausland | Drittland | |
Satz | abgeführt von | Satz | abgeführt von | Satz | abgeführt von | |
B2B | AS(L) | Lieferant | AS(K) | Kunde (r.ch) | AS(K) | Kunde |
B2C | AS(L) | Lieferant | AS(K) | Lieferant | AS(K) | Kunde |
r.ch = Reverse Charge (siehe Text)
AS(L) = Artikelsteuersatz des Landes des Lieferanten
AS(K) = Artikelsteuersatz des Landes des Kunden
Wie Sie an der Tabelle erkennen können, ist das Steuerrecht an dieser Stelle weitgehend unkompliziert abzubilden; in fast jedem Fall, in dem der Steuersatz des Kundenlandes greift, führt auch der Kunde die Steuern ab, und umgekehrt. Das heißt, dass viele Unternehmen nur die Steuersätze des eigenen Landes in ERPNext implementieren müssen.
Nur bei Geschäften im EU-Ausland wird es schwieriger: Hier greift der Steuersatz des Belieferten. Bei B2B-Geschäften kann man das mit einem sogenannten “Reverse Charge” umgehen, sodass sich Steuersatz und Land der Abführung wieder decken. Das gilt aber nicht für B2C-Geschäfte. Bei dem sogenannten „Fernverkauf“ zahlt der Lieferant die Umsatzsteuer, allerdings im Artikelsteuersatz des Kunden. Um diesen Fall abzudecken, müsste man also den Steuersatz des Kunden in das eigene System eingespeist haben.
Wie wir ERPNext für Umsatzsteuern nutzen
Bei ERPNext gibt es mehrere Stellschrauben, um Umsatzsteuern einzupflegen. Dank unserer Kollegen von Alyf und phamos, die die ERPNext Germany-App (bzw. Erweiterung) pflegen, sind Steuervorlagen und Artikelsteuervorlagen bereits in den von uns aufgesetzten Systemen zusätzlich zum deutschen Kontenrahmen enthalten.
Aus diesen Vorlagen erstellen wir wiederum sechs unterschiedliche Steuerregeln (jeweils für Inland, EU-Ausland und Drittland, aufgeteilt in Einkauf und Verkauf), die dem System dann anhand von in den Kundendaten eingepflegten Informationen (z.B. die Steuerkategorie eines Kunden oder einer Kundengruppe, oder die Adresse) erlauben, die korrekte Steuervorlage auszuwählen.
Um den richtigen Steuersatz für den an- oder verkauften Artikel oder die Dienstleistung in ERPNext einzupflegen, nutzen wir den Doctype “Artikelsteuervorlage”, die wir wiederum mit Artikelgruppen verknüpfen. Was Artikelgruppen sind, und wie Sie Artikel in ERPNext richtig verwalten, haben wir Ihnen in einem separaten Blogpost zusammengefasst. Hier tragen wir die gültigen Steuersätze in Prozent ein.
Was ERPNext noch nicht leisten kann
Während ERPNext Standardfälle gut abbilden kann, können Sonderfälle nur schwer dargestellt werden. Wenn Sie beispielsweise ein B2C-Geschäft im EU-Ausland tätigen oder auf den Reverse Charge verzichten wollen, und deswegen der Steuersatz des Landes, in dem sich der Geschäftspartner befindet, genutzt wird, wird die Abbildung mit obigen Stellschrauben schwierig.
Unser Ziel muss es sein, alle Steuerfälle in ERPNext lückenlos abbilden zu können. Dazu muss es einen Weg geben, auch die Steuerregelungen anderer EU-Länder lückenlos in ERPNext zu integrieren, sowie viele Einzel- und Sonderfälle zu berücksichtigen – von Nullsteuern bis hin zu Sonderfällen, wie die reduzierte Steuer für Übernachtungen in der Schweiz.
Auch wenn die Abbildung des komplexen deutschen Steuersystems in ERPNext immer noch lückenhaft ist, schafft die Community – open-source sei Dank – immer wieder Abhilfe. Obwohl Umsatzsteuern noch nicht vollständig abgebildet werden können, sind die meisten Fälle geregelt. Bei K&K Software und der ERPNext-Community arbeiten wir außerdem weiter daran, ERPNext auch in Sachen Steuern und Finanzen nach Deutschland zu holen.
Wenn Sie weitere Fragen haben, oder denken, dass wir in unserem Artikel etwas übersehen haben, dann melden Sie sich doch einfach bei uns. Weitere Informationen über unseren Betrieb, sowie Kontaktdaten finden Sie unten auf dieser Seite oder unter: https://erp-beratung.team/kontakt/.
Wenn Sie ERPNext in einer zwangloseren Umgebung ausprobieren möchten, dann nutzen Sie eines unterer Demosysteme: demo-magic.erp-beratung.team/.